ENRICH 2023 - Drohnenfliegen im AKW Zwentendorf
Joel Klimont,
Die ENRICH ist ein Robotik-Hackathon, welcher vom Österreichischen Bundesheer, sowie dem Frauenhofer Institut organisiert wird. Ziels des Hackathon ist es, neue Robotersysteme zu entwickeln, welche im Falle von nuklearen Zwischenfällen eingesetzt werden können. Es gibt mehrere verschiedene Aufgabenbereiche, welche die Teams bearbeiten können. So musste zum Beispiel eine 3D-Karte der Umgebung angefertigt werden und radioaktive Quellen, welche im AKW vom Bundesheer versteckt wurden, gefunden werden und in der Karte eingezeichnet werden. Der robo4you nahm an dieser Aufgabe mit einem Drohnen-Team teil. Mit dabei waren auch zwei Mitglieder des Deutschen ADDI Vereins von der RWTH Aachen. Andere Aufgaben umfassten noch das Retten von Menschen (simuliert durch eine Puppe), welche die Bodenroboter aus einem Gefahrenbereich transportieren mussten.
Warum Zwentendorf?
Als nie in Betrieb gegangenes AKW stellt Zwentendorf eine einmalige Testumgebung dar. Mit dem Bau des AKW wurde 1972 begonnen und es wurde eine Nettoleistung von 692 Megawatt angestrebt. Nach mehreren Protesten wurde am 5. November 1978 eine Volksabstimmung durchgeführt, bei der sich 50,47% gegen eine Inbetriebnahme des AKWs aussprachen. Zu dieser Zeit war das AKW allerdings schon vollständig gebaut und hätte jederzeit in Betrieb genommen werden können, was allerdings nach der Volksabstimmung nie geschah. Infolgedessen wurde in der Nähe das Kohlekraftwerk Dürnrohr gebaut, um die bestehenden Stromtrassen zu nutzen, sowie um die Lücke in der Stromproduktion zu schließen. Weiters wurden die Stromtrassen nach Tschechien zum AKW Dukovany verlängert, um von dort Strom zu importieren. Das Kraftwerk Dürnrohr war bis 2019 in Betrieb und zählte zu einem der größten Emitter von CO₂ in Österreich.
Heute dient das AKW Zwentendorf als Veranstaltungsort für Events, wie zum Beispiel die ENRICH und zum Training von Kraftwerkspersonal. So wurden in Zwentendorf zum Beispiel Roboter, welche für den Einsatz infolge der Atomkatastrophe in Fukushima gebraucht wurde, getestet. Für Interessierte gibt es von der EVN gratis Führungen im Kraftwerk: Besucheranmeldung.
Drohnenfliegen im AKW
Warum könnten Drohnen überhaupt in einem AKW gebraucht werden? Im AKW Zwentendorf und in ähnlich gebauten Kraftwerken befindet sich der Reaktorraum (siehe Bild oben) nicht im Erdgeschoss, sondern in einer Höhe von 40 Metern. Während radioaktiven Zwischenfällen ist dieser womöglich nur schwer erreichbar. Um ein akkurates Bild der Lage zu erhalten, könnten Rettungskräfte eine Drohne in den Reaktorraum hinaufschicken, um wichtige Strahlungsmessungen durchführen zu können, die für Menschen womöglich zu gefährlich sein könnten. Allerdings gibt es auch Strahlenlimits für Roboter. Zu viel Strahlung setzt der Hardware der Roboter zu und beschädigt die Elektronik. So wurden unter anderem während der Atomkatastrophe in Tschernobyl auch zwei Roboter deutscher und japanischer Herkunft eingesetzt, welche allerdings schon nach kurzer Zeit so sehr von der Strahlung beschädigt wurden, dass diese nicht mehr einsatzfähig waren. Die Roboter können zwar abgeschirmt werden, allerdings stellt dies auf Drohnen ein besonderes Gewichtsproblem dar, wonach diese eine niedrigere maximale Strahlenbelastung standhalten können, wie ihre bodenbezogenen Partner.
Die Aufgabe
Die Aufgabe der Drohnen-Teams bestand darin, in dem Versorgungsschacht des Reaktors (in diesem Schacht hätte man die antransportierten Brennstäbe zum Reaktorraum hochgehoben) hinaufzufliegen und radioaktive Strahlung zu messen. In dem Schacht befindet sich eine vom Bundesheer platzierte radioaktive Quellen (siehe orange Röhre im Bild oben), welche zufällig an einer bestimmten Höhe im Schacht platziert wurde. Währenddessen soll auch eine 3D-Karte der Umgebung angefertigt werden, damit später beim Auswerten der Daten genau festgestellt werden kann, wo sich im Schacht die Quelle befindet.
Im Video sieht man, wie die Drohne (roter Pfeil) den Schacht hinauffliegt. Sie bekommt vom Operator eine Position (blauer Pfeil), zu der sie autonom fliegt und dort die Position hält, bis sie neue Anweisungen bekommt. So wird Schritt für Schritt der Schacht kartografiert. Während dem Fliegen zeichnet die Drohne auch noch die Werte des Strahlenmessgerätes auf. Die blauen und dunkleren Punkte stehen dabei für eine niedrigere Strahlung und die roten und hellen für eine erhöhte Strahlung. Diese beiden 3D Karten werden während dem Flug kontinuierlich an den Operator geschickt. Diese helfen ihm dabei, die Drohne zu navigieren und die Strahlungsquellen zu finden.
Aber nicht nur die Strahlenmessung ist für den Wettbewerb relevant. Ein weiterer Aspekt ist die 3D-Umgebungskarte, welche während dem Flug erstellt wird (siehe Zeitraffer oben und unten). Die Drohne verwendet dazu eine 3D-Kamera, welche ebenfalls dazu dient, der Drohne eine externe Positionsbestimmung zu liefern. Diese wird dazu verwendet, die Drohne zu stabilisieren und zu verhindern, dass die Drohne von ihrer Position abdriftet, was zum Beispiel durch Abwinde im Schacht passieren kann.
Die erstellte Karte hat dabei eine Auflösung von 0.1 Metern und beinhaltet auch Farbinformationen. Das Übertragen der Karte von der Drohne zur Basis-Station zum Operator stellt eine weitere Schwierigkeit dar, welche gelöst werden musste. Da die Drohne nur über herkömmliche WiFi Signale mit der Basis-Station verbunden ist, musste eine bandbreitenschonende Methode entwickelt werden. Dabei werden immer nur kleinere Blöcke der Karte übersendet und stark komprimiert, um die Datenraten gering zu halten, anstatt die gesamte Karte zu übertragen. Einen Ausschnitt der Karte von 0 auf 20 Metern sieht man im Bild unten.
Nach mehreren Tagen und Durchläufen, gelang es eine gute 3D-Karte zu erstellen und einige Strahlungsquellen zu finden. Dafür wurde das Team "flyby" mit dem "Best Young Team Award" ausgezeichnet. Die gesamten Ergebnisse der ENRICH 2023 sind auf der ENRICH 2023 Webseite zu finden.